So sehen also längst verstorbene hölzerne Segelschiffe aus...
Die Seute Deern, die ihre letzten (Lebens)Jahre im Museumshafen zu Bremerhaven verbringen musste, wurde vor 100 Jahren als Elisabeth Bandi auf der Schiffswerft Gulfport im US-Bundesstaat Mississippi geboren. Laut Wiki - von dort stammen auch die ersten drei Bilder der alten Dame - wurde sie aus frischem Sumpf-Kieferholz in Kraweelbauweise (d.h. ohne Kupferbeschläge) erbaut. Durch Verziehen des Rumpfes und dem Schiffsbohrwurm war die Außenhülle von Anfang an undicht, sodaß das Schiff nach jeder Fahrt repariert werden musste. 1925 wurde sie an Walter E. Reid in Bath (Maine) verkauft und wurde für Holztransporte eingesetzt. 1931 übernahm der finnische Reeder William Uskanen das Schiff und ließ es unter dem Namen Bandi ebenfalls für den Holzhandel fahren. Das salzarme Ostseewasser tat der Dame gut und stoppte den Holzfraß augenscheinlich. 1935 wurde sie an den Finnen Laiva Bandi verkauft, der das Schiff an eine in Finnland ansässige Maklerfirma vercharterte. Nach weiteren drei Jahren fand sich wohl keine Ladung mehr für den Segler - Dampfschiffe aus Stahl waren damals viel effizienter - und so wurde sie für 26.500 Reichsmark an den Hamburger Reeder John T. Essberger verkauft. Der ließ das Schiff bei Blohm & Voss restaurieren und zu einer Bark mit Stahl-Rigg umbauen. So entstand in sechs Monaten ein runderneuertes Schiff. Die markante Gallionsfigur - eine Seute Deern (schönes Mädchen) - gab ihr den Namen. Bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs wurde der Segler als frachtfahrendes Ausbildungsschiff eingesetzt und lag schließlich in Lübeck. 1946 wurde das Schiff nach Travemünde geschleppt und zu einem Hotel- und Restaurantschiff umgebaut. Ihr neuer Liegeplatz war nun im Hamburger Hafen am Liegeplatz der alten Fähre VII. Unter verschiedenen Eignern wurde das Schiff auch als schwimmende Jugendherberge benutzt und 1964 an eine Emder Gastwirtin verkauft, die das Schiff nach erheblichen Aus- und Umbauten zu einem Gaststättenschiff im Emder Hafen einsetzte. Weil aber das Schiff wegen der undichten Außenhülle sank, übernahm der Helgoländer Kaufmann Hans Richartz die alte Dame 1965 für 61.000 DM. 1966 wurde das Schiff dann zu ihrem letzten Liegeplatz im Alten Hafen in Bremerhaven verholt. 1972 erhielt das Deutsche Schiffahrtsmuseum die Bark als Gründungsgeschenk. Das Schiff wurde damals erneut überholt und wurde seitdem als Restaurant-, Museums- und Trauungsschiff verwendet. Nach und nach wurde das Schiff ein Wahrzeichen für Bremerhaven.
Die gestern entstandenen Fotos tun jedem Seglerfan zutiefst weh in der Seele. Die vernarbte Außenhaut mit Stahlplatten und das löcherige Holz weisen auf mangelnde Kenntnis im Holzschiffbau hin, sodaß das Schiff - alle anderen Schiffe dort fristen ein ähnliches Schicksal - langsam vor sich hin verrottete und nurmehr abgewrackt wird. Das Deutsche Schiffahrtsmuseum kann die erforderlichen Gelder für eine gründliche Restaurierung angeblich nicht aufbringen und wandte sich hilfesuchend an den Bund. Das Museum investiert 40 Millionen Euro lieber in die hauseigenen vier Wände als in ein altes Segelschiff. Der Haushaltsausschuss des Bundestags bewilligte schließlich Ende 2019 Bundesmittel in Höhe von 47 Mio. Euro zur Rekonstruktion des Traditionsseglers. Wenn wir Glück haben, wird es als schwimmende Kopie - sprich fahrtuntüchtig - wieder auferstehen.



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